Zum Hauptinhalt springen
Erleben

Gemeinschaftsleistung im XXL-Format: Genossenschaftlicher Solarstrom im Vorzeigequartier

Im Nordwesten Oldenburgs haben Mitglieder der örtlichen Energiegenossenschaft Olegeno im Mai 2024 ihre bisher größte Photovoltaik-Anlage auf dem Gelände eines ehemaligen Fliegerhorstes errichtet. Das Projekt zeigt, wie Energiewende und Stadtentwicklung zusammengehen, indem es Strom für ein klimafreundliches Viertel liefert.

Stefanie Bickertvon Stefanie Bickert
25.11.2025
Dieses Bild zeigt fünf Mitglieder der Energiegenossenschaft Olegeno vor der Photovoltaik-Anlage. Sie lächeln in die Kamera.

Eine zufriedene Olegeno bei strahlend blauem Himmel.

Knapp 400 Module mit 1.600 Schraubklemmen und 175 kW Spitzenleistung: So groß war noch kein Olegeno-Projekt. Seit ihrer Gründung 2011 engagiert sich die Energiegenossenschaft für die lokale Energiewende und verfolgt das Ziel, Oldenburg mit erneuerbarem Strom zu versorgen – und zwar durch gemeinschaftlich betriebene Anlagen. Die rund 600 Mitglieder investieren zusammen und planen als Team. Auf dem Dach der Quartiersgarage im neuen Stadtquartier Helleheide haben sie zum ersten Mal in dieser Größenordnung auch selbst gebaut. „Wir sind eine Bürger-Energiegenossenschaft. Die Anlagen gehören unseren Mitgliedern – und mit dieser hier gehen wir einen großen Schritt für die Energie- und Verkehrswende in der Stadt“, beschreibt Olegeno-Vorstand Sebastian Specht das Vorhaben. Von Anfang an stand fest: Dieses Projekt sollte als Selbstbau umgesetzt werden. Über mehrere Wochenenden stiegen sie aufs Dach. Nur die Elektroinstallation übernahm ein Fachbetrieb.

Gemeinsam aufs Dach

Das Dach der Quartiersgarage verwandelte sich bei frühsommerlichem Wetter in eine kleine Werkstatt unter freiem Himmel. Während einige die Unterkonstruktion millimetergenau ausrichteten, montierten andere die Module oder zogen Kabelstränge bis zu den Wechselrichtern. Wer nicht auf dem Dach arbeitete, half beim Materialtransport oder dokumentierte den Baufortschritt. „Besonders super ist, wenn ich in meiner direkten Nachbarschaft etwas bewegen kann und Solarstrom erzeuge, der fast um die Ecke bei mir ankommt“, findet Olegeno-Mitglied und Anwohnerin Karen Derendorf. Und ein anderer Helfer ergänzt: „Im Alltag versucht man, mit Leuten über das Thema Energie zu sprechen. Hier merkt man, dass es wirklich etwas bringt und sieht so viele Leute, die sonst am Schreibtisch sitzen, in ganz anderen Rollen.“ 

Hier ist zu sehen, wie ein Mitglied der Energiegenossenschaft ein Modul der Photovoltaik-Anlage stellvertretend für die gesamte Anlage „tauft”.

Natürlich sollte eine neue Photovoltaik-Anlage fachmännisch getauft werden.

Am Ende wurden fast 400 PV-Module auf dem Flachdach installiert. Diese liefern jetzt über 20 Jahre Strom für das Quartier und die ladenden Elektrofahrzeuge in der Garage. Für die Olegeno zeigt das Projekt deutlich, dass man ganz konkret und selbstbestimmt Veränderungen, die man sich wünscht, zusammen mit anderen umsetzen kann. „Wir haben noch so viele Dächer, wir haben noch so viel Potenzial hier in Oldenburg, in ganz Deutschland. Da müssen wir jetzt alle zusammen anpacken“, resümiert Sebastian Specht nach dem Bau.

Anzahl Module: ca. 400
Nennleistung: 175 kWp
Bauweise: ballastiertes Montagesystem auf Flachdach
Bauzeit: mehrere Wochenenden im Mai 2024, ehrenamtlicher Selbstbau
Besonderheiten: Ladeinfrastruktur in Planung 

Quartier Helleheide – Wohnen für die Zukunft

Tatsächlich ist das Projekt mehr als eine Solaranlage. Es ist ein Baustein für ein neues Quartier. Statt „nur“ eine Dachfläche zu nutzen, ist es Teil einer größeren Vision: grün und gemeinschaftlich. Rund um die PV-Anlage entstehen in Helleheide, das als Energetisches Nachbarschaftsquartier konzipiert ist, in den kommenden Jahren auf rund fünf Hektar klimafreundliche Wohnungen, eine Kita und Gemeinschaftsflächen. Entscheidend für das Gelingen des Projekts war die Zusammenarbeit mit dem lokalen Wohnungsbauunternehmen. Jens Freymuth von der GSG Oldenburg, die als Eigentümerin die Quartiersgarage zur Verfügung stellt, betont, dass das Viertel von Anfang an neu gedacht wurde. Autos verschwinden aus dem Blickfeld; stattdessen gibt es sichere Wege für Fußgänger:innen und Radfahrende. Die Photovoltaik-Anlage ist dabei zentral: Sie versorgt nicht nur Gebäude in der näheren Umgebung mit Strom, sondern wird künftig auch Ladeinfrastruktur für E-Autos, Lastenräder und Pedelecs speisen.

Zwei Olegeno-Mitglieder stehen auf dem Dach und lächeln nach getaner Arbeit in die Kamera.

Nicht nur die Bürgerenergie hat Strahlkraft.

Bürgerenergie mit Strahlkraft

Das Beispielprojekt für Bürgerenergie und gemeinschaftlichen Klimaschutz erhielt auch prominente Unterstützung: Claudia Kemfert – Umweltökonomin, Oldenburgerin und Mitglied bei der Olegeno – betonte bei einem Besuch der Baustelle die entscheidende Rolle der Bürgerenergie in Vergangenheit und Zukunft. Bürgerenergie präge schon immer als wichtiger Beitrag die Energiewende von unten – sie schaffe Akzeptanz und motiviere zum Mitmachen. Das sei heute wichtiger denn je. Das Projekt in Oldenburg zeigt, dass Kommunen kreativer sein und Bürger:innen einbinden sollten. Und dass es möglich ist, Lösungen zu entwickeln – trotz knapper Kassen. „Energetisch optimierte Quartiere sollten Standard sein, hier dürfen wir nicht zurückfallen“, betont Claudia Kemfert. Wir beglückwünschen die Olegeno zu ihrem bisher größten Projekt!

Ihre aktuelle Cookie-Auswahl erlaubt es uns nicht, den Youtube-Player zu laden. Um alle Inhalte sehen zu können akzeptieren Sie bitte die Marketing Cookies.

Stefanie Bickert

Stefanie Bickert

unterstützt beim Erzählen der Bürgerwerke-Geschichten

Liebt es, durch gute Geschichten Menschen zu verbinden und tief in Themen einzutauchen. Privat liest sie mindestens genauso gerne wie sie schreibt oder sie probiert neue Rezepte aus ihrer Kochbuchsammlung.

Magazin-Artikel in Ihr Postfach?

Tragen Sie sich ein in unseren Rundbrief-Verteiler 
Erhalten Sie regelmäßige Updates mit den besten Artikeln des Online-Magazins
Jederzeit abbestellbar