Eintauchen

Mit Bürgerenergie gegen die Klimakrise

Die Klimakrise bedroht Millionen von Menschenleben, doch oft scheint es, als seien wir machtlos. Fatalismus und Profitinteressen dominieren die öffentliche Diskussion, während echte Lösungen selten im Fokus stehen. Doch die gute Nachricht ist: Wandel ist möglich. Für den Band „Aus Zuversicht Wirklichkeit machen” habe ich einen Beitrag geschrieben, in dem ich zeige, dass ein großer Teil der Lösung bereits da ist: Der Umstieg auf 100 % Erneuerbare Energien ist der effektivste Weg, um den Klimawandel zu bremsen. 

Laura Zöcklervon Laura Zöckler
13.11.2024

Als Energiewende-Botschafterin und Pressesprecherin einer Energiegenossenschaft sitze ich häufiger auf Podien und bringe meine Perspektive auf die Energiewende in Bürgerhand ein. So auch am 20. Oktober 2023 bei der Tagung „Transformation als gemeinsame Mission – die Gesellschaft im Wandel zusammenhalten". Das Besondere: Im Nachgang der Veranstaltung erarbeiteten viele Beitragende Artikel für einen Tagungsband. Dieser ist im Herbst 2024 erschienen. Im Band „Aus Zuversicht Wirklichkeit machen” geht es darum, wie wir die Transformation gemeinsam meistern können, auch wenn die Aufgabe, vor der wir stehen, groß ist. Wie können wir gesellschaftlichen Spannungen begegnen und Zuversicht schöpfen für das, was vor uns liegt? Mit freundlicher Genehmigung des Herder-Verlags lesen Sie hier eine Zusammenfassung meines Beitrags.

Von der Macht der Vielen

Bei einem schnellen Umstieg auf 100 % Erneuerbare Energien gibt es drei Herausforderungen: 

  1. Die Technik: Wir brauchen einen schnellen, dezentralen Ausbau leistungsfähiger Anlagen.
  2. Das Geld: Es verlangt nach hohen Investitionen für den Umbau des Energiesystems.
  3. Die Menschen: Wir müssen Unwissen, Misstrauen und Widerstand überwinden.

Überraschenderweise sind zwei dieser Herausforderungen bereits weitgehend gelöst: Die Technik ist vorhanden und der Ausbau schreitet voran. 2024 betrug der Anteil Erneuerbarer Energien am deutschen Strommix bereits 64 %. An manchen Tagen wurden sogar Spitzenwerte von über 100 % erreicht. Auch das Geld ist ein lösbares Problem. 2022 wurden in Deutschland fast 20 Milliarden Euro in Erneuerbare Energien investiert – sowohl von Großunternehmen als auch von Privatanleger:innen. 

Die größte verbleibende Herausforderung sind die Menschen. Ohne ihre Akzeptanz und Unterstützung wird die Energiewende nicht gelingen. Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg. 

Bürgerbeteiligung als Erfolgsfaktor 

Studien zeigen: Je stärker die Bürger:innen eingebunden werden, desto höher ist die Akzeptanz für Erneuerbare Energien. Besonders wichtig sind dabei: Information auf Augenhöhe, einfache Beteiligungsmöglichkeiten, regionale Wertschöpfung und finanzielle Teilhabe.

Am erfolgreichsten sind Projekte, die von Bürger:innen selbst initiiert und umgesetzt werden. Und das funktioniert: Seit Jahrzehnten engagieren sich Menschen in Deutschland für die Energiewende. Insbesondere Energiegenossenschaften schaffen Räume für bürgerschaftliches Engagement. Sie ermöglichen es Menschen, aktiv zu werden, statt sich nur als passive Betroffene der Klimakrise zu fühlen. Ein Beispiel von vielen ist die Heidelberger Energiegenossenschaft, für die ich seit über einem Jahrzehnt aktiv bin. Sie wurde 2010 gegründet und betreibt Solar- und Windkraftanlagen in der Region und darüber hinaus. Die Mitglieder der Genossenschaft investieren nicht nur finanziell, sondern können sich auch bei der Frage einbringen, welche Projekte wie umgesetzt werden. Und was eine regionale Genossenschaft allein nicht umsetzen kann, schafft sie zusammen mit anderen: Beispielsweise als Mitglied im Verbund der Bürgerwerke. 

Auf der Tagung „Transformation als gemeinsame Mission” im Oktober 2023 stellte Laura in einem Panel die Heidelberger Energiegenossenschaft und die Bedeutung von Bürgerbeteiligung vor.

Auf der Tagung „Transformation als gemeinsame Mission” im Oktober 2023 stellte Laura in einem Panel die Heidelberger Energiegenossenschaft und die Bedeutung von Bürgerbeteiligung vor.

Wenn Bürger:innen selbst Projekte umsetzen, werden nicht nur Bedenken ausgeräumt, sondern auch lokales Wissen genutzt. Genau hier setzt die Bürgerenergie-Bewegung an. Ihr Leitgedanke: Klimaschutz von und für Menschen. Dazu zählen in Deutschland: 877 Energiegenossenschaften (mehr als 125 davon sind Mitglied bei den Bürgerwerken), zahlreiche Vereine, Stiftungen und Initiativen und über 1,8 Millionen „Energiebürger:innen". Sie stehen zusammen für etwa 5,5 Gigawatt Strom aus erneuerbaren Quellen – das entspricht der Leistung von fünf Atomkraftwerken

Die Bürgerenergie-Bewegung

In der Bürgerenergie-Bewegung initiieren, finanzieren und betreiben Bürger:innen Erneuerbare-Energien-Projekte. Ein zentrales Element sind Energiegenossenschaften, die in Deutschland seit Jahrzehnten aktiv sind. Sie ermöglichen es, durch kollektives Engagement die Energieversorgung zu demokratisieren und regionale Wertschöpfung zu fördern.

Bürgerenergie hat dabei viele Vorteile. Sie verfügt über eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, stärkt die regionale Wirtschaft, demokratisiert die Energieversorgung und macht nicht zuletzt unabhängiger von großen Konzernen.

Einfacher Einstieg, große Wirkung  

Die Bürgerenergie-Bewegung verwandelt Stromkund:innen in einen Teil einer Bewegung. Sie werden Produzent:innen und Konsument:innen zugleich. Das stärkt die Identifikation mit der Energiewende. Der Einstieg in eine Energiegenossenschaft ist denkbar einfach: Häufig reichen schon kleine Investitionen, um Anteile an einer Genossenschaft zu erwerben. Diese Anteile ermöglichen es, auch ohne umfangreiches technisches Wissen oder große finanzielle Mittel einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Durch die aktive Teilnahme können Bürger:innen mitgestalten. Die Hürden sind dabei niedrig: Viele Genossenschaften bieten transparente Informationen und Unterstützung für Neueinsteiger:innen. Wer sich stärker engagieren möchte, kann dies in den unterschiedlichsten Rollen tun – sei es durch die Mitarbeit in Arbeitsgruppen, mit der Investition größerer Summen oder als Gremienmitglied in Vorstand oder Aufsichtsrat. Ein zentrales Argument für die Bürgerenergie ist diese Demokratisierung der Energieversorgung: In Genossenschaften haben alle, unabhängig von der Höhe ihrer Investition, gleiches Mitspracherecht. So werden nicht nur finanzielle Interessen, sondern auch lokale und gemeinwohlorientierte Anliegen berücksichtigt.

Der Handabdruck als neues Symbol der positiven Veränderung

Um das volle Potenzial der Bürgerenergie zu entfalten, braucht es eine neue Erzählung: weg von der Fokussierung auf Probleme, hin zu den Chancen der Energiewende. Statt Verzicht und Einschränkung sollten die positiven Aspekte betont werden:

  • Mehr Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen
  • Demokratisierung der Energieversorgung
  • Regionale Wertschöpfung und
  • Aktive Mitgestaltung der Zukunft

Als Symbol für diesen Perspektivwechsel könnte der Handabdruck den CO2-Fußabdruck ablösen. Ursprünglich wurde dieser von BP eingeführt, um die Verantwortung für die Klimakrise von Konzernen auf individuelle Konsument:innen zu verschieben. Während der Fußabdruck für Belastung steht, symbolisiert der Handabdruck das aktive Gestalten einer nachhaltigen Zukunft. Die Hand betont die gemeinschaftliche Wirkung und will aktiv zur Lösung der Klimakrise beitragen, anstatt sich hilflos zu fühlen.

Die Bürgerenergie-Bewegung zeigt: Eine gerechte und schnelle Energiewende ist möglich - wenn wir die Menschen aktiv einbinden. Sie ist bereits jetzt ein großer Erfolg und hat das Potenzial, die dritte große Herausforderung zu lösen und die Transformation unseres Energiesystems entscheidend voranzubringen. Um die Klimakrise zu bewältigen, müssen aber noch viel mehr Menschen mitmachen. Die Energiewende wird nur gelingen, wenn wir uns alle nicht nur als Betroffene, sondern als Teil der Lösung verstehen.

Den Band mit meinem vollständigen Beitrag sowie vielen weiteren lesenswerten Beiträgen erhalten Sie im Online-Shop des Verlags.

Den Band mit meinem vollständigen Beitrag sowie vielen weiteren lesenswerten Beiträgen erhalten Sie im Online-Shop des Verlags.

Dies ist eine gekürzte und unserem Magazin angepasste Version meines Beitrags für den Band „Aus Zuversicht Wirklichkeit machen”. 

Den Band mit meinem vollständigen Beitrag sowie vielen weiteren lesenswerten Beiträgen erhalten Sie im Online-Shop des Verlags.

Laura Zöckler

Laura Zöckler

sorgt für einheitliche Kommunikation

Macht seit 2010 Energiewende in Bürgerhand. Sie kümmert sich bei uns darum, dass alle Teams konsistent, verständlich und korrekt nach außen kommunizieren können. Dazu koordiniert sie Projekte sowie Prozesse, schreibt und korrigiert Texte – und vertritt die Bürgerenergie auch mal auf einem Podium oder in einem Podcast.