Wie der Rechtsruck die Klimakrise verschärft
Antidemokratische Parteien unterstützen meistens Kohle, Öl und Gas. Das ist kein Zufall. Denn hinter ihren rechten Plänen steckt häufig fossiles Geld. In seinem Gastartikel erklärt Julien Gupta, Mitgründer und Co-Autor des Klimanewsletters „Treibhauspost“, wie Rechtsruck und Klimakrise zusammenhängen.

Mit rechten Wahlerfolgen ist es oft so: Wir verdrängen die Möglichkeit, dass sie tatsächlich passieren können. Bis zur US-Wahl am 6. November 2024 habe ich einfach nicht glauben wollen, dass sich eine so mächtige demokratische Nation wie die USA dafür entscheidet, ihre Demokratie abzuwählen.
Wer dann nach der Wahl dachte, „vielleicht wird es ja gar nicht so schlimm“, dem wurde die Resthoffnung direkt nach Donald Trumps Amtsantritt mit rund 200 Unterschriften1 durchkreuzt. Der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, der sofortige Stopp von neuer Offshore-Windenergie und das Ankurbeln von Öl und Gas – das alles wurde in den ersten Stunden der neuen Präsidentschaft veranlasst.
Die Wahl von Donald Trump und seinen Republikanern ist ein Siegeszug von Rassismus, Chauvinismus, Sexismus und Antisemitismus. Er gefällt Milliardär:innen – und nicht zuletzt der fossilen Industrie. Denen, die vom Ausstoß von CO2 und der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen profitieren.
Lügen mit System
Dabei gilt mit wenigen Ausnahmen: Je rechter eine Partei, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich gegen Klimaschutz einsetzt. Dieser Zusammenhang lässt sich weltweit beobachten. Oder fällt Ihnen irgendeine rechte Partei ein, die sich für Windräder und pflanzliche Ernährung stark macht? Trump, Weidel, Kickl, Le Pen, Orbán, Wilders, Milei, alle haben sie gemeinsam, dass sie rechts sind – und recht angetan von fossilen Geschäftsmodellen.
Das ist natürlich kein Zufall. Ihre große Gemeinsamkeit: Der Hang zu Desinformation. Sowohl Antidemokrat:innen als auch fossile Konzerne bedienen sich regelmäßig einer einfachen, aber effektiven Strategie: Sie lügen. Mit Fake News manipulieren sie gezielt die Öffentlichkeit.
Die US-amerikanische Öl- und Gasfirma ExxonMobil wusste durch ihre eigenen Forschungsergebnisse schon Ende der 1970er-Jahre von der menschengemachten Erderhitzung. Ihre Reaktion: Eine der größten Desinformationskampagnen der Geschichte. Der Konzern schaltete großformatige Anzeigen in Tageszeitungen, in denen er den Klimawandel leugnete oder Zweifel an der Wissenschaft schürte. Genau das ist auch das Ziel, das die rechtsextreme AfD heute in Deutschland verfolgt. In ihrem Wahlprogramm für die kommende Bundestagswahl steht: „Klimawandel gab es zu allen Zeiten. [...] Die Frage nach dem Anteil des Menschen an diesem ist wissenschaftlich ungeklärt.“ Das ist vollkommener Quatsch. Es gibt einen über 99-prozentigen Konsens2 unter Wissenschaftler:innen, dass die Erderhitzung menschengemacht ist.
Fossile Thinktanks mit Einfluss in Deutschland
Thomas Laschyk, Gründer des Faktenfinder-Blogs „Volksverpetzer“, formuliert es so: „Neben der Migration ist Klima das zweite große Fake-News-Thema der Rechten. Das Leugnen der Klimakrise und das Hinauszögern von Lösungen ist mittlerweile ein zentraler Bestandteil rechtsextremer Ideologie.“ Und dahinter steckt natürlich: Geld.
Allein die Ölfirmen BP, Shell, ExxonMobil, Chevron und TotalEnergies geben jährlich rund 200 Millionen US-Dollar für Lobbyismus3 gegen Klimaschutz aus. Dieses Geld fließt unter anderem in rechte und marktradikale Thinktanks. Der Recherche-Zusammenschluss CORRECTIV hat im Dezember 2024 aufgedeckt4, dass US-Klimaleugner-Organisationen wie das „Atlas-Netzwerk“ ihre Ideen und ihr Geld auch systematisch nach Deutschland bringen. Einer der größten Geldgeber dieses Netzwerks: ExxonMobil.
Nur damit Sie die Namen mal gehört haben und die öffentlichen Desinformationskampagnen einordnen können: Deutsche Institute, die Klimaschutz zumindest äußerst skeptisch gegenüberstehen, heißen Prometheus Institut, Institut Neue Soziale Marktwirtschaft oder Europäisches Institut für Klima und Energie (EIKE). Dabei ist Klimawandelleugnung und -skepsis übrigens kein Alleinstellungsmerkmal extrem rechter Parteien. Bei den von CORRECTIV aufgedeckten Geldflüssen aus den USA waren vor allem Politiker:innen von FDP und CDU die Adressat:innen.
Braune Parteien für braune Kohle
Die zweite große Gemeinsamkeit von rechten und fossilen Akteuren: Sie profitieren davon, wenn nationale Interessen über alles andere gestellt werden. Für wirksamen Klimaschutz muss die Staatengemeinschaft umfassend zusammenarbeiten und das Völkerrecht beachten. Das Pariser Klimaabkommen basiert darauf. Fokussieren sich Staaten hingegen in America-First-Manier nur auf sich selbst und deregulieren ihre Wirtschaft, freuen sich häufig auch fossile Konzerne über hohe kurzfristige Gewinne und ausbleibende Subventionen für Erneuerbare Energien. Wäre die AfD an der kommenden Regierung beteiligt, will sie Deutschland aus der EU herausführen und neue Kohlekraftwerke bauen – so steht es im Wahlprogramm.

Braunkohle trägt die Farbe braun völlig zurecht im Namen. Antidemokratische Bestrebungen und fossile Interessen gehen Hand in Hand.
Und dann wäre da noch die Komplizenschaft rechter Parteien mit Medien wie Bild und Co. Fossile Akteure profitieren massiv davon, wenn solche reichweitenstarken Medien Desinformationen verbreiten5 und gezielt Ängste vor Transformationsmaßnahmen in der Bevölkerung schüren. Der Fall des Gebäudeenergiegesetzes mit populistischen Schlagworten wie „Heizhammer“ ist das beste Beispiel dafür.
Manchmal reicht es sogar, wenn solche Medien einfach andere Themen immer und immer wieder bespielen. Können Sie sich noch an den Bundestagswahlkampf vor vier Jahren erinnern? Die Fridays for Future-Bewegung hatte zuvor ihren Höhepunkt an Aufmerksamkeit erreicht und 1,4 Millionen Menschen für Klimaschutz auf die Straße gebracht. Für 22 Prozent der Wählenden6 spielte 2021 das Klima die größte Rolle bei ihrer Wahlentscheidung. Die Kanzlerkandidat:innen überboten sich mit Absichtserklärungen.
Heute ist das Klima nur für 13 Prozent7 der wichtigste oder zweitwichtigste Faktor für die Wahl. Dabei war 2024 das erste Jahr, in dem die 1,5-Grad-Grenze überschritten wurde. Ganz oben bei den wahlbestimmenden Faktoren steht stattdessen – dreimal dürfen Sie raten: genau, Zuwanderung. Fossilen Akteuren kann das nur recht sein. Wer denkt, Migrant:innen seien die größte Bedrohung für unser Zusammenleben, vergisst oder verdrängt, dass die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen die viel größere Gefahr ist – genau das ist das rechts-fossile Kalkül.
Zusammen laut sein
Braunkohle trägt die Farbe braun also völlig zurecht im Namen. Antidemokratische Bestrebungen und fossile Interessen gehen Hand in Hand. Und sie sind zurzeit beängstigend erfolgreich. In den USA löscht die Trump-Regierung sogar systematisch Klima-Informationen von Internetseiten der Regierung.
Aber auch die Gegenbewegung ist stark. Das wissen wir spätestens seit Januar 2024 – als Millionen Menschen auf die Straße gingen, um gegen die AfD und andere Rechtsextreme zu demonstrieren. Diese Menschen gibt es immer noch. Und sie stehen ein Jahr später wieder am Brandenburger Tor, auf der Theresienwiese und vor dem Biedesheimer Glockenturm. Ihre Rufe nach Demokratie, Toleranz und Solidarität werden immer lauter. Und das ist die gute Nachricht: Klimaschutz ist unglaublich vielfältig. Die Energiewende ist eines von vielen Puzzlestücken für einen gerechten Wandel. Zusammen laut sein ein anderes.
Quellen
1 www.reuters.com
2 https://iopscience.iop.org
3 https://www.statista.com
4 https://correctiv.org
5 www.deutschlandfunk.de
6 www.tagesschau.de
7 www.tagesschau.de
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Julien Gupta
Co-Autor von Treibhauspost
Julien Gupta schreibt mit Manuel Kronenberg den Newsletter Treibhauspost. Jeden zweiten Samstag verschicken sie konstruktiven Klimajournalismus direkt per Mail. Über 9.000 Menschen sind schon in der Treibhauspost-Community. Wir finden, es sollten noch mehr werden!