Einige Teammitglieder engagieren sich auch über die Bürgerwerke hinaus - wie hier beim Globalen Klimastreik 2023.

Einige Teammitglieder engagieren sich auch über die Bürgerwerke hinaus - wie hier beim Globalen Klimastreik 2023.

Eintauchen

Achtung, Achtung – dies ist keine Übung!

Seit der Gründung der Bürgerwerke setzen wir uns für gute politische Rahmenbedingungen einer Energiewende in Bürgerhand ein. Dieser Einsatz wird aktuell noch wichtiger. Denn die gesellschaftlichen Entwicklungen stellen uns vor enorme Herausforderungen – als Menschen, Demokrat:innen und als Energieversorger. 

Christopher Holzemvon Christopher Holzem
21.01.2025

Politisch schwierige Zeiten haben die Bürgerwerke-Gemeinschaft noch nie abgeschreckt. Im Gegenteil: Viele unserer Mitgliedsgenossenschaften sind gegründet worden, um die Energiewende trotz damals ungünstiger politischer Rahmenbedingungen voranzutreiben. Weil Bürger:innen nicht warten wollten, bis die Regierung es Menschen wie Ihnen und mir ermöglicht, Strom aus erneuerbaren Quellen selbst zu erzeugen und zu nutzen. Erst in den vergangenen Jahren drehte sich der politische Wind in eine klimafreundliche Richtung und unsere Anliegen bekamen breitere Unterstützung. Doch das Erstarken antidemokratischer Parteien gefährdet unsere Demokratie und unsere Klimaziele. Außerdem müssen wir uns seitdem immer mehr Blödsinn1 anhören.

Muss die Wirtschaft unbedingt politisch sein? Kurzantwort: Ja 

Als wirkungsorientiertes Unternehmen ist es unser Ziel, die Mitgliedsgenossenschaften in der Bürgerwerke-Gemeinschaft so zu unterstützen, dass sie für ihre Arbeit die besten Bedingungen haben. Dafür engagieren wir uns seit unserer Gründung auch politisch. In Verbänden, in Fachanhörungen, im direkten Gespräch mit Abgeordneten des Bundestags, im Dialog mit politischen Vertreter:innen vor Ort, mit denen viele unserer Genossenschaften seit Jahren produktiv zusammenarbeiten. Als Dachgenossenschaft wahren wir dabei politische Neutralität, was für uns bedeutet: Wir sind offen für jedes Gespräch mit einer demokratischen Partei, die sich für unsere Arbeit interessiert. Dabei sind uns einige Parteien thematisch näher als andere. Diese wären Stand heute bei einer Regierungsbeteiligung ein stärkerer Verbündeter für alle Menschen, die ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen wollen. Als „nah“ betrachten wir alle, die die Bürgerenergie unterstützen und die Energiewende hin zu 100 % Erneuerbaren Energien vorantreiben.

Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, war im Sommer zu Besuch bei uns.

Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, war im Juli 2024 zu Besuch bei uns.

Die Bundesvorsitzende der Grünen Franziska Brantner kam uns im Dezember 2024 für ein Gespräch besuchen.

Die Bundesvorsitzende der Grünen Franziska Brantner kam uns im Dezember 2024 für ein Gespräch besuchen.

Für die SPD kam Bundestagskandidat Tim Tugendhat im Februar 2025 für ein Gespräch in unser Büro.

Für die SPD kam Bundestagskandidat Tim Tugendhat im Februar 2025 für ein Gespräch in unser Büro.

Im Januar 2025 war CDU-Politiker und Bundestagsabgeordneter Alexander Föhr bei uns zu Gast.

Im Januar 2025 war CDU-Politiker und Bundestagsabgeordneter Alexander Föhr bei uns zu Gast.

Thematisch ferner, aber als Diskussionspartner:innen willkommen, sind uns demokratische Parteien, die die Klimaziele bisher nicht ausreichend priorisieren. Auch sie arbeiten gemäß ihrer Ansichten an dem, was sie für richtig halten – wir teilen nur ihre Perspektive nicht immer. Im Dialog wollen wir erreichen, dass unsere energiepolitischen Forderungen ein breites Gehör finden. Denn für unser großes Ziel – eine klimagerechte und lebenswerte Zukunft für alle – brauchen wir einfach so viele Menschen wie nur möglich.  

Politische Forderungen der Bürgerwerke

Spätestens mit den Ausbau-Erfolgen in der ersten Hälfte der 2020er Jahre haben die Erneuerbaren Energien gezeigt, dass sie die Gegenwart und Zukunft einer sicheren, unabhängigen Energieversorgung Deutschlands sind. Ebenso sind sie der einzig nachhaltige Weg, um die nationalen Klimaschutzziele zu erreichen. Diese Erfolge gilt es nun auch in der kommenden Legislatur fortzuführen, auszubauen und gleichzeitig die Bürger:innen noch stärker mitzunehmen. Dafür wird entscheidend sein, dass die vielfältigen Vorteile der Energiewende für die Menschen spürbarer werden. Wir fordern unter anderem:

  • Fairen Wettbewerb schaffen durch Abbau von klimaschädlichen Subventionen
  • Bürgernahe Ausgestaltung ermöglichen – mit finanziellen Beteiligungsmöglichkeiten für möglichst viele
  • Erfolge der Energiewende für Verbraucher:innen spürbarer machen
  • Fokus auf die Wärmewende setzen

Doch was macht antidemokratische Strömungen so gefährlich?

Nun haben wir betont, dass wir mit demokratischen Parteien im Austausch sind. Seit einigen Jahren gibt es aber auch antidemokratische Bewegungen, die verstärkten Zuspruch bekommen. Diese machen uns politisch gesehen die größten Sorgen, denn sie waren in den letzten Jahren häufig in der Lage, das gesellschaftliche Gespräch zu lenken. Durch die Verbreitung von Falschaussagen, Manipulation und durch permanente Störungen des politischen Betriebs konnten sie ihre Botschaften verbreiten. Sie stellen die größte Gefahr für die Errungenschaften der vergangenenen Jahre und das Erreichen der Klimaziele dar. Mehr noch: Sie spalten die Gesellschaft und gefährden den uns alle verbindenden Wunsch, friedlich und gut zusammenzuleben.  

Wir sind davon überzeugt, dass diese Strömungen bekämpft werden müssen, und zwar als Privatpersonen, Parteien, Verbände und als Wirtschaftsunternehmen. Wir können nicht zulassen, dass Unsicherheit und Angst um die Zukunft dazu führen, dass offen faschistische und wissenschaftsfeindliche Bewegungen weitere Menschen auf ihre Seite ziehen. Daher setzen wir uns als Bürgerwerke aktiv gegen die extreme Rechte ein. Und ja, AfD: Ihr seid mitgemeint. 

Die extreme Rechte – so unsympathisch wie gefährlich 

Die „extreme Rechte“ ist ein Oberbegriff für politische Einstellungen, die die Gleichheit aller Menschen infrage stellen und ein demokratisches System ablehnen. Die extreme Rechte betreibt gezielt Propaganda gegen die Bausteine der Demokratie wie Menschenrechte, Gleichheit, Freiheit und Gewaltenteilung. Befürwortet wird eine gesellschaftliche Hierarchie. Antisemitismus, Rassismus, Chauvinismus, Sozialdarwinismus, Sexismus, Homo- und Transfeindlichkeit sowie Verharmlosung des Nationalsozialismus sind Elemente der Einstellungen von extremen Rechten. Diese sollen gezielt abwerten und damit die Überlegenheit der eigenen gesellschaftlichen Gruppe hervorheben. 

Unser Ziel ist die Energiewende in Bürgerhand. Dafür arbeiten wir jeden Tag am Zusammenhalt unserer Gesellschaft und an der Stärkung unseres gemeinschaftlichen Handelns. Energiegenossenschaften setzen sich überall für pragmatische und praktikable Lösungen ein, bei denen jeder Mensch mitmachen kann. Auch wenn es nach der kommenden Wahl wieder schwieriger werden sollte: unsere Mitglieder werden weitermachen. Es liegt aber an uns allen, unter welchen Bedingungen sie das tun müssen. Fühlen sie sich von der Politik unterstützt? Oder werden sie in ihrem Alltag konfrontiert mit wissenschaftsfeindlichen Haltungen, gesellschaftsfähig gemachten Falschaussagen, albernen Fantasien von einem Wiedereinstieg in die Atomkraft und der bitteren Erkenntnis, dass die Klimaziele in absoluter Gefahr sein werden, sollten wir diesen Strömungen nicht endlich Einhalt gebieten? Das haben wir in der Hand, wenn wir am 23. Februar 2025 eine neue Regierung wählen. 

Wissenschaftsfeindliche Haltungen – so falsch wie schädlich

Unter einer wissenschaftsfeindlichen Haltung verstehen wir die auch als Wissenschaftsleugnung oder Klimawandelleugnung bekannte Position, den menschengemachten Klimawandel trotz des breiten Konsenses öffentlich zu bestreiten. Die deutschsprachige Wikipedia unterscheidet mehrere Leugnungsstrategien:  

  1. Trendleugnung: „Die Erde erwärmt sich nicht.“
  2. Ursachenleugnung: „Der Mensch ist nicht schuld.“  
  3. Folgenleugnung: „Das wird keine schlimmen Konsequenzen haben.“

Alle drei sind falsch und gesellschaftlich gefährlich, weil Menschen so inaktiv gehalten werden und die eigenen Handlungsmöglichkeiten zur Abwendung der Krise nicht nutzen können. Zudem gibt es erwiesenermaßen Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von wissenschaftsfeindlichen Positionen und der Propaganda großer Konzerne, die ihren Gewinn aus den fossilen Energieträgern ziehen.2 

Auf der Straße, an der Wahlurne oder im Büro: Es braucht uns alle!

Das klingt geradezu aktivistisch, nicht? Tatsächlich haben wir einige Teammitglieder, die sich auch über die Bürgerwerke hinaus politisch oder aktivistisch engagieren. In der Vergangenheit war es immer wieder der Aktivismus, der die Aufmerksamkeit auf Missstände lenken konnte. So waren es die damals weitestgehend illegalen Zusammenkünfte und Demonstrationen von Frauen, die letztlich zur Einführung des Frauenwahlrechts führten.3 Oder die Blockaden der Siebziger Jahre, die für die heute berühmte Fahrradfreundlichkeit niederländischer Städte gesorgt haben.4  

Als Organisation gehen wir einen anderen Weg zur Umgestaltung des Systems. Wir befinden uns innerhalb des Wirtschaftssystems in Deutschland und versuchen von dort, Wertschöpfung weg von den Fossilen hin zu den Erneuerbaren zu lenken. So verorten sich auch unsere Genossenschaften. Die Rechtsform der Genossenschaft ist tatsächlich älter als das deutsche Grundgesetz; viele Genossenschaften arbeiten schon sehr lange an der Gestaltung der Gesellschaft. Und sie denken in großen Zeiträumen: Es geht um Zukunftsfähigkeit, um Enkeltauglichkeit. Es geht darum, innovativen Ideen einen festen Rahmen zu geben und – so ambitioniert es auch klingen mag – Gestaltungsmöglichkeiten für eine bessere Welt langfristig zu sichern.

Für uns sind alle Formen des Engagements wichtig, weil sie ineinander greifen. Aktivismus erlaubt Menschen, ohne gemeinsame Rechtsform ins Handeln zu kommen. Es entsteht Aufmerksamkeit für ein bestimmtes Thema, das dann wiederum von Organisationen aufgegriffen wird. Vereine, Verbände und Sozialunternehmen übernehmen Teilaspekte des Engagements und finden Lösungen. Diese können gemeinnützige Formen annehmen, aber auch wirtschaftliche Formen wie den Bau von Erneuerbare-Energien-Anlagen und den Verkauf von Ökostrom. Diskussionen um die Daseinsberechtigung verschiedener Formen des gesellschaftlichen Engagements sind keine Diskussionen, die wir als Bürgerwerke führen. Ob Initiative, Social Startup, Neugründung einer Klimapartei, Energiegenossenschaft oder Aktivismus: Wir alle haben gemeinsam, dass wir die Dinge zum Besseren bewegen wollen.

Wenn auch Sie etwas tun möchten, um die Energiewende voranzutreiben, haben Sie am 23. Februar die Möglichkeit, „klimaklug“ zu wählen. Informieren Sie sich über die Positionen der einzelnen Parteien und geben Sie Ihre Stimme einer demokratischen Partei, die einen bürgernahen Ausbau zu 100 % Erneuerbaren Energien schnell und effizient umsetzen möchte.  

Wenn Sie unabhängig von der politischen Situation etwas tun möchten, dann haben Sie mit den Bürgerwerken immer mindestens zwei Möglichkeiten: Schließen Sie sich einer Energiegenossenschaft in Ihrer Region an und werden Sie Mitglied. Das geht mittlerweile sogar digital. Und, sofern noch nicht geschehen: Beziehen Sie Ökostrom von den Bürgerwerken und unterstützen Sie mit jeder verbrauchten Kilowattstunde die Energiegenossenschaften in unserem Netzwerk. Ob politische Mitbestimmung, Genossenschaftsbeitritt oder Energiebezug: Jeder einzelne Beitrag zählt. 

Quellen

Christopher Holzem

Christopher Holzem

Mitglied der Geschäftsleitung

Stand als Jugendlicher ungläubig vor Kohlebaggern. Dachte, das muss auf jeden Fall anders gehen und begeisterte sich schon früh für die Energiewende. Als Mitglied der Bürgerwerke-Geschäftsleitung sorgt er für die Weiterentwicklung unseres Geschäftsbereichs Energieversorgung.