Was ist eigentlich echter Ökostrom?
Viele Energieversorger geben sich große Mühe, ihre Stromprodukte als nachhaltig zu vermarkten. Doch längst nicht überall, wo Ökostrom draufsteht, ist auch Ökostrom drin. Das Grüner Strom-Label gibt Verbraucher:innen seit 1998 Orientierung und schafft Transparenz.
Als das Grüner Strom-Label 1998 gegründet wurde, machte ich gerade Abitur. Meine Freundinnen waren nur zwei Jahre zuvor mit der Jugendorganisation von Greenpeace nach Gorleben gefahren, um sich auf die Gleise zu legen und gegen die Castor-Transporte zu demonstrieren. Wir gingen auf die Straße mit dem Slogan „No Atomstrom in my wohnhome”. Wir diskutierten bis in die Nacht mit unseren Eltern, die meinten: „Erneuerbare Energien? Die werden es nie bringen.” Wir wollten eine andere Energieversorgung. Eine, die weder den Planeten kaputt macht noch radioaktiven Müll produziert.
1998 war auch das Jahr, in dem die Liberalisierung des deutschen Strommarktes beschlossen wurde. Es gab plötzlich mehr Anbieter und damit mehr Wettbewerb. Verbraucher:innen konnten frei entscheiden, bei wem sie Strom kaufen wollen. Und begannen nach der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2000 damit, immer stärker Ökostrom nachzufragen.

Bürgerenergie statt Atomkraft. Auch die Bürgerwerke gehen regelmäßig für eine enkeltaugliche Energieversorgung auf die Straße.
Die meisten Energieversorger reagierten, indem sie Grünstrom-Zertifikate kauften. Das ist bis heute eine beliebte Methode, um den eigenen Strommix etwas grüner anzumalen. Dieses Umetikettieren machte es für Verbraucher:innen zu diesem Zeitpunkt fast unmöglich, herauszufinden, woher der Strom kommt. Doch das Grüner Strom-Label war bereits am Start und gewann im unübersichtlicher werdenden Markt schnell an Bedeutung.
Was ist das Grüner Strom-Label?
Das deutsche Gütesiegel wurde von Umwelt- und Verbraucherverbänden gegründet und wollte dafür sorgen, dass wir als Stromkund:innen echten Ökostrom von grün angemaltem Strom unterscheiden können. Es garantiert bis heute, dass der mit dem Siegel versehene Strom zu 100 % aus Erneuerbaren Energien stammt und dass der Stromanbieter direkt zum Ausbau der Erneuerbaren beiträgt. Das strenge Label wird nicht vergeben, wenn der Energieversorger Strom aus Atomkraft gewinnt oder eine Beteiligung an Atomkraftwerken hat. Auch die Beteiligung an Kohlekraftwerken wird ab 2027 ausgeschlossen sein. Bei den Bürgerwerken ist eine Beteiligung sowohl an Atom- als auch an Kohlekraftwerken natürlich schon immer ausgeschlossen.
Ziel des Vereins Grüner Strom Label e.V. ist die Förderung der Erneuerbaren Energien bis hin zur vollständigen Energiewende. Die Energieversorgung der Zukunft soll naturverträglich, dezentral, bürgernah, gemeinwohlorientiert, fair und schadstofffrei sein. Um dieses Ziel zu erreichen, werden nur Versorger mit dem Label ausgezeichnet, die einen direkten Förderbeitrag in den Ausbau Erneuerbarer Energien investieren.
Das und die sogenannte „physische Kopplung” sind die Besonderheiten beim Grüner Strom-Label: Sowohl die Strommenge als auch die Herkunftsnachweise für den Strom stammen nachweisbar aus derselben Anlage, zum Beispiel aus Wind-, Wasser-, Solar- oder Biogas-Anlagen. Das sorgt für Transparenz und Sicherheit und wird so von keinem anderen deutschen Label gefordert. Ebenfalls hervorzuheben: Als Labelnehmer:innen verpflichten sich die Energieversorger zu einer nachhaltigen Unternehmenspolitik, fairen Vertragsbedingungen für Kund:innen und guten Verbraucherinformationen, zum Beispiel zu Energiespar-Tipps.
Diese Kriterien müssen Labelnehmer:innen erfüllen
- 100 % Ökostrom: Zertifizierter Strom muss zu 100 % aus erneuerbaren Quellen stammen
- Förderung neuer Anlagen: Die Anbieter müssen pro verkaufter Kilowattstunde einen festen Betrag in den Bau neuer Anlagen für Erneuerbare Energien investieren.
- Atom- und Kohlefreiheit: Die Anbieter dürfen nicht an Atom- oder Kohlekraftwerken beteiligt sein.
Der Kriterienkatalog des Grüner Strom-Labels wird von unabhängigen Expert:innen erstellt und regelmäßig überarbeitet. Er richtet sich nach strengen Umweltstandards. Regelmäßige Überprüfungen alle zwei Jahre stellen sicher, dass alle Kriterien von den Labelnehmer:innen eingehalten werden.
Wie funktioniert die direkte Energiewende-Förderung?
Wir werben damit, als Bürgerwerke einer der wenigen echten Ökostrom-Anbieter Deutschlands zu sein. Unser BürgerÖkostrom ist bereits seit 2014 mit dem Grüner Strom-Label ausgezeichnet. Das macht uns richtig stolz! Das Label hilft sehr dabei, Interessierten zu erläutern, was „echten” Ökostrom von anderen Angeboten auf dem Markt unterscheidet. Echter Ökostrom trägt unmittelbar zur Förderung der Energiewende bei. Doch warum ist eine solche Förderung überhaupt wichtig?
Beziehen Sie als Verbraucher:in nachweislich Ökostrom aus 100 % Erneuerbaren Energien, ist das natürlich schon mal gut. Fördert der Anbieter aber mit seinem Tarif die Energiewende nicht zusätzlich, sorgt Ihr Ökostrom-Bezug nicht automatisch für weitere Kilowattstunden Erneuerbarer Energien im Netz. Um das Energiesystem umzustellen, müssen wir aber weiter zubauen. Das garantiert das Grüner Strom-Label mit dem Kriterium zur Förderung neuer Anlagen: Energieversorger müssen sich verpflichten, einen festen Teil der Einnahmen, mindestens 0,5 Cent pro Kilowattstunde, in den weiteren Ausbau zu investieren. Damit wird sichergestellt, dass der Bezug von zertifiziertem Strom direkt und aktiv zur Energiewende beiträgt.
Träger des Siegels
Der gemeinnützige und unabhängige Verein Grüner Strom Label e.V. wird von sieben namhaften Umweltorganisationen getragen: Naturschutzbund Deutschland (NABU), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Eurosolar, Deutscher Naturschutzring (DNR), Verbraucher-Initiative, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) sowie von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Grüner Strom-Labels.
Bei den Bürgerwerken ist diese Förderung Unternehmenszweck und Teil unserer Gründungsgeschichte. In den Jahren seit Gründung der Bürgerwerke sind allein über die Förderbeiträge unserer BürgerÖkostrom-Kund:innen insgesamt über 2 Mio. Euro an die Energiegenossenschaften unserer Gemeinschaft geflossen. Der Großteil dieser Gelder wird in den Bau neuer Anlagen investiert. Ein paar Beispiele? Schauen Sie sich unsere Bildergalerie an:
Wenn Sie jetzt sagen: „Spannend, was alles aus einem kleinen Förderbeitrag entstehen kann”, dann empfehle ich Ihnen, unseren Bürgerwerke-Rundbrief zu abonnieren. In diesem teilen wir regelmäßig neue Projekte der Energiewende in Bürgerhand mit Ihnen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mehr von uns lesen möchten.
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Juna Schönborn
Sorgt für stimmige Kommunikation im Innen und Außen
Arbeitet schon lange ausschließlich für Weltverbessernde und findet, alle Menschen sollten das tun. Hält gerne spontane Impulsvorträge beim Mittagessen zu Literatur, Gesellschaftspolitik, Popkultur und Feminismus.








